Matthias Jung


 

FeedWind

Zeitsprung - Gemeinde 2030

 

 

Predigt am 25. Juli 1999 über Apostelgeschichte 8, 26-39 im "Cyber"-Taufgottesdienst

 

Weitere Informationen zu diesem ungewöhnlichen Gottesdienst:

Vier Lebenswege

Interview mit Heike Schmidt

Bilder von der Cybertaufe

 

Liebe Gemeinde!

Der Äthiopier hat eine lange Reise hinter sich, bevor er getauft wird - wie zumindest zwei von Euch bzw. Ihnen auch. Doch im Gegensatz zu denen, die hier und heute getauft werden, wußte der Mann aus Afrika nicht, was ihn dort in der Nähe von Jerusalem erwarten würde. Er hatte gehört vom Gott der Juden und war aufgebrochen nach Israel, um diesen Gott anzubeten. Leisten konnte er sich die damals teure und langwierige Reise, denn als Schatzmeister der Königin von Äthiopien dürfte er über die nötigen Mittel verfügt haben. Doch angekommen in Jerusalem erlebt er eine bittere Enttäuschung. Der Zugang zum Tempel wird ihm verwehrt, weil er als Kämmerer im Dienst einer Frau damals selbstverständlich ein Eunuch war. Doch Männern, die entmannt waren, war das Betreten des jüdischen Heiligtums aufgrund einer Vorschrift in den Heiligen Schriften verwehrt. Einzig einen Rat gaben ihm die Priester mit, kauf dir ein paar Rollen aus unseren heiligen Schriften und lies darin, vielleicht tröstet dich das. Gesagt, getan. So tritt er enttäuscht die Heimreise an. Dort kommt es zur Begegnung mit Philippus, der ihm von Jesus erzählte und vom Glauben der Christen, daß der Zugang zum Gott Jesu jedem und jeder offensteht. Und am Ende des Gesprächs steht die Frage: Was hindert´s, daß ich getauft werde?

Diese Frage, liebe Gemeinde, habe ich so ähnlich von drei von Euch bzw. Ihnen vor dem heutigen Tag auch gehört. Bereits im Winter fragte Herr Lemm nach, ob sein Adoptivenkelkind aus den USA während eines Heimaturlaubes hier getauft werden könnte, auch wenn seine Tochter und deren Mann keinerlei Verbindung zur hiesigen Gemeinde haben. Nach kurzer Bedenkzeit stimmte ich zu. Im April fragte Heike Schmidt per Email an, ob ich sie taufen könnte, nachdem sich die Taufvorbereitung in Erfurt sehr in die Länge zog - aus welchen Gründen auch immer. Ich sagte ja.

Und schließlich kam Petra Spinger und erzählte mir von ihren vielen Gesprächen im Jugendheim über Kirche und Glaube und fragte, wie das mit der Taufe aussehen könnte. Ich sagte: Wenn du dich schon so stark mit dem Thema auseinandergesetzt hast, gibt es keinen Grund, dich nicht zu taufen.

Der Äthiopier erhielt auch diese Antwort. Es gibt keinen Hinderungsgrund. Den entscheidend damals wie heute ist, daß ein Mensch verstanden hat, worum es in der Taufe geht und selbst die Taufe wünscht. Bei den beiden kleinen Kindern werden die Eltern diese Frage nachher stellvertretend beantworten und sie übernehmen damit die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß die Kinder im christlichen Glauben aufwachsen und sie einmal erklärt bekommen, was es mit Jesus und seinem Gott, der Taufe und der Kirche auf sich hat und was das für ihr Leben bedeuten kann..

Der Mann aus Afrika nimmt den Glauben an Jesus seinen Gott und die Taufe als Zeichen für diesen Glauben mit nach Hause. Später wird es in Äthiopien viele christliche Gemeinden geben, ob sie alle auf diesen Schatzmeister zurückgehen weiß ich nicht. Ihr bzw. sie werden die Taufe ebenfalls als sichtbares Zeichen des christlichen Glaubens mit nach Hause nehmen, Vika nach Essexjunction in Vermont, Heike nach Erfurt in Thüringen und die beiden anderen in ihren Alltag hier in Voerde. Und diese Taufe, die ich im Auftrag der Ev. Kirche im Rheinland durchführen werde, wird überall auf der Welt anerkannt, in Voerde sowieso, aber auch in der Ev. Lutherischen Kirche von Thüringen und in der Kirche, der Sie sich in Vermont anschließen wollen.

Doch warum gibt es so was wie die Taufe eigentlich? Wozu ist sie gut? Wir wissen doch, daß Gott uns liebt, so wie Jesus es sichtbar gemacht hat. Wir vertrauen doch darauf, daß er uns immer nahe ist. Wir wissen es. Und wir vertrauen. Aber Liebe und Vertrauen sehnen sich auch nach sichtbaren Zeichen. Und brauchen sichtbare Zeichen. Blumen als Geschenk, Ringe bei der Hochzeit und die Taufe eben als Zeichen des christlichen Glaubens. Von Martin Luther wird berichtet, daß er in schwierigen Zeiten mit dem Finger in den Staub auf seinem Schreibtisch geschrieben hat: Ich bin getauft. Und dies gab ihm neue Kraft und Hoffnung, die Erinnerung an dieses eine sichtbare Zeichen der Liebe Gottes, welches wir nur einmal im Leben empfangen können, weil nichts uns von dieser Liebe trennen kann. Ich wünsche all denen, die heute getauft werden, daß dieses Zeichen Euch hilft, so vertrauensvoll und zuversichtlich durchs Leben zu gehen. Und vielleicht zieht ihr alle daher heute so fröhlich nach Hause wie es von dem äthiopischen Finanzminister nach seiner Taufe berichtet wird.

Amen.